Review: Geister der Toten - Richard Corben erzählt Poe

  • Beitrags-Autor:
(Copyright: Splitter Verlag)
Richard Corben ist eine Instanz und daran besteht kein Zweifel. Viele von euch werden ihn womöglich dennoch nicht kennen, weshalb ich zu diesem etwas plakativen Eröffnungssatz griff. Man möge es mir verzeihen.
Liebe Leser, lasst euch gesagt sein: Mr. Corben kann Geschichten erzählen! Bereits in den 70ern arbeitete der mittlerweile selbst in den 70ern angekomme US-armerikaner im Bereich der Underground-Comics. Mittlerweile hat der Mann eine Bibliografie, mit der er sich die Küche tapezieren könnte.
Schon früh interessierte er sich für übernatürliche Elemente à la H. P. Lovecraft und widmete seine Arbeiten vermehrt dem Fantastischen. Leser die eher im Bereich der Mainstream Comics unterwegs sind, haben ihn vielleicht schon mal als Zeichner bei Titeln wie Hellblazer (zusammen mit Brian Azzarello) oder auch bei Mignolas Hellboy aufgeschnappt.
Am interessantesten ist Corben jedoch dann, wenn er seinen eigenen Stiefel macht. Und flieht er sich nicht gerade in eine der von ihm selbst kreierten Fantasiewelten, schnappt er sich eine andere. In diesem Fall: Edgar Allan Poe.

Mal im Ernst: was würde sich besser als Vorlage für Horror-Comics eignen, als Poe Geschichten? Mr. Corben schien das ähnlich zu sehen und schuf im Zuge der Dark Horse Presents Serie zwischen 2012 und 2014 unter dem Banner „Spirits of the Dead“ mehrere Umsetzungen von Poe Geschichten. Der Splitter Verlag nahm sich dieser Erzählungen an und präsentiert die insgesamt 15 Geschichten nun als Erstveröffentlichung in Deutschland, in gesammelter Form, als Hardcover Band.
Dabei genießen wir in eigenwilliger Form Geschichten wie Allein, Geister der Toten, Die Schlafende, Der Rabe, Maske des roten Todes, Berenice, Schatten, Klassiker wie Untergang des Hauses Usher, bis hin zu Doppelmord in der Rue Morgue. Große Namen die sich hier in diesem Buch vereinen. Dies sollte aber nicht allein der Grund zur Anschaffung sein. Das Besondere liegt vielmehr in der Umsetzung selbst. Denn Corben geht mit so viel Liebe zum Detail vor: das akribische Setzen der Stilistiken, das Einbeziehen der Gedichte, der Einbau des Erzählers und natürlich die herausstechende visuelle Darbietung.
Corbens Zeichnungen sind so eigenwillig wie er selbst. Klobig, überproportioniert, unförmig, teilweise grotesk Cartoon-esque... und dennoch wunderbar treffend und gefangennehmend. So unpassend und fehl am Platz sie anfangs wirken mögen, desto passender und treffender sind sie, wenn man erst mal in ihnen versunken ist.
Mit Geister der Toten ist Richard Corben ein wahrer Leckerbissen für das Sonntag-Nachmittag-Schmökern gelungen. Hier kommen nicht nur Poe- und Corben-Fans auf ihre Kosten, sondern jeder, der Freude an guten Geschichten hat. Eine Neuinterpretationen voller Entdeckung des Unentdeckten, dem Grauen des Menschlichen, dem Grauen des Übermenschlichen. Nach Geister der Toten wird man unlängst zur Vorlage greifen. Und danach wieder zu Adaption. Ein Band den man wohl nicht nur einmal lesen wird!
Eine Leseprobe gibt es hier.

Bewertung:

 

Verlag: Splitter Verlag
Format: Hardcover
Vö-Datum: 01.05.2015
Seitenzahl: 216
Sprache: Deutsch
Preis: 29,80 €

Darf gern geteilt werden! 🙂

Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
4 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments
Emanuel Brauer
3. Juni 2015 10:19

Sehr schön! 😀

Goldkind
3. Juni 2015 10:56

Umsetzungen von Klassikern in Bildform finde ich immer wieder interessant. 😀
Da werde ich sicher mal einen Blick riskieren!

Emanuel Brauer
3. Juni 2015 10:57

Sehr gut! 🙂