Review: Drifter #1 - ein Space-Western direkt aus der Stratosphäre!

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(Copyright: Cross Cult)
Der Cross Cult Verlag entwickelt sich langsam zum deutschen Hausverlag für Image Comics Serien. Gut so, denn bisher waren unter den handverlesenen Serien fast ausnahmslos Perlen des aktuellen Comicmarktes.
Der dieser Tage erscheinende Titel Drifter sticht dabei jedoch deutlich heraus. Denn Drifter wird von Nic Klein gezeichnet und Nic ist bekanntermaßen der bisher einzige deutsche Künstler, der es geschafft hat, als regelmäßiger Zeichner für die großen US Verlage engagiert zu werden.
So arbeitete er zusammen mit Rick Remender (Uncanny Avangers, Avengers & X-Men: Axis) an Captain America sowie an Winter Soldier und mit Jason Aaron an Thor: God of Thunder.
Mit Autor Ivan Brandon brachte er bereits die Serie Viking für Image Comics. Das scheinen beide Künstler in guter Erinnerung behalten zu haben, denn nun tun sie sich wieder zusammen und wechseln das Genre. Sci-Fi-Western steht auf dem Plan, wobei Drifter jedoch wohl nicht nur Genre-Fans begeistern sollte.

Abram Pollux ist mit seinem Schiff unterwegs, als er drastische Probleme bekommt. Eine Bruchlandung später findet er sich auf dem Planeten Ouro wieder... ein Planet der nicht weiter ab vom Schuss sein könnte. Hinterwäldlerisch existiert hier eine kleine Kolonie von gesellschaftlich gestrandeten Menschen. Eine Kolonie wie es sie mittlerweile überall im Universum zu geben scheint.
Als wäre der heftige Absturz nicht genug, wird er unmittelbar nachdem er sich aus dem Wrack gezogen hat, von einem mit Atemmaske gekleideten Mann in den Rücken geschossen. Schwer benommen erwacht er bei der Ärztin Lee Carter, die ihn wieder zusammenflickt. Doch irgendetwas stimmt nicht mit Abram. Er kann seine Erinnerungen nicht ordnen und versucht deshalb herauszufinden was mit ihm passiert ist... und vor allem, warum man auf ihn geschossen hat.
(Copyright: Cross Cult)
Brandon und Klein machen gleich von Beginn des Comics an, in einem wichtigen Punkt alles richtig: sie umgehen den typischen Mann-landet-auf-fremden-Planeten-und-kämpft-ums-Überleben-Plot und erzählen eine Geschichte, deren Ausgang dem Leser nicht bereits nach den ersten Seiten ersichtlich ist.
Genau so benommen wie die Hauptfigur Abram Pollux streift auch der Leser durch die Comicseiten und fragt sich: was geht hier eigentlich vor? Man lässt sich viel Zeit in der Entfaltung der Story, baut Nebenhandlungen auf, bei denen nicht ganz klar ist ob sie in der Gegenwart oder Vergangenheit handeln und erzählt dabei nicht selten in kryptischen Monologen aus dem Off.
Die Charaktere scheinen als Mittel zum Zweck zu fungieren, wobei die Situation selbst, die Atmosphäre, die Welt und ihre Eigenarten das bisherige Zentrum der Handlung bilden. Die dabei etwas sperrig wirkenden Texte machen das Ganze zwar anfangs etwas ungewohnt zu lesen, wirken letztendlich aber auch erfrischend anders und lassen die Neugier von Seite zu Seite steigen. Der Story lädt sich so immer mehr auf und spendiert mit einem netten Wtf?-Moment auf der letzten Seite einen fiesen Cliffhanger.
Der Plot würde jedoch nur halb so viel Atmosphäre transportieren, wäre da nicht dieses fantastische Artwork von Nic Klein. Zeichnungen und Geschichte gehen beispielhaft Hand in Hand, wobei jede Situation, jede Szene eine eigene farbliche Gestaltung inne zu haben scheint. Eine Barszene in grün-bläulichen Farben, die Szenen im Tunnel, in einem kalten, dunklen Blau oder ein rot-orangener Sonnenuntergang zum Abend. Dabei zeichnet Klein stellenweise so angenehm unamerikanisch, dass sein Comic auch gut und gern zwischen frankobelgischen Splitter Alben stehen könnte. Ein wahrer Design-Leckerbissen, in sympathisch sauberen Panel-Aufteilung und wunderschönen Panorama-Splash-Pages.
Drifter ist kein typisches Space Abenteuer und weit weg von aktuell publizierten US-Sci-Fi-Comics wie Saga oder Nowhere Men. Brandon und Klein spielen mit den Grundelementen der Science Fiction, einer deutlichen Portion Endzeit-Western und einem Hauch von Twin Peaks, womit sie langsam aber stetig eine tiefgreifende Handlung aufbauen, die auf etwas scheinbar Großes, Dunkles und Mysteriöses hinaus will. Ich kann nur hoffen, dass es den beiden gelingt, denn nach dem ersten Band werden die Erwartungshaltungen groß sein.
Das Comic erscheint bei Cross Cult übrigens in zwei schicken Versionen: ein großformatiges Hardcover als Standard-Edition zu 25 € sowie einer limitierten Vorzugsausgabe, samt Variant Cover und einem von Nic Klein signierten Druck, zu knapp 39 €. Für mich als eingefleischten Sci-Fi-Fan ist der Band ein gelungener Überraschungshit, der mich nicht nur aufgrund des überragend guten Artworks bereits jetzt auf die zweite Ausgabe hinfiebern lässt. Lange Rede, kurzer Sinn... schlagt die erste Seite auf und ihr kauft das Comic sowieso!

Eine Leseprobe gibt es hier.

Bewertung:

Verlag: Cross Cult 
Format: 21x28 Hardcover / Vorzugsausgabe (lim. auf 222 Stk.)
Vö-Datum: 27.07.2015
Originalausgaben: US Drifter #1-5
Seitenzahl: 128
Sprache: Deutsch

Preis: 25,00 € / 39,80 €

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Jean
Jean
27. Juli 2015 20:51

Schöne Review!

Die Leseprobe schaut klasse aus!! Steht schon fest mit wieviel Bänden die Serie abgeschlossen wird?

Emanuel Brauer
28. Juli 2015 7:40

Danke! 🙂

Wenn ich Nic richtig verstanden habe, steht die Rahmenhandlung wohl fest. In wie vielen Bänden diese jedoch erscheint, hängt wohl davon ab, wie sich die erschienenen Ausgaben verkaufen. Also einfach einsteigen und am Ball bleiben! 🙂

Jean
Jean
28. Juli 2015 12:01

Toll, danke! 😀

Anonym
Anonym
28. Juli 2015 14:29

Das Buch ist wirklich krass, bin nach einem Interview auf Comic Review mit dem Autor erst auf diese Reihe gestoßen, hatte es dann „leider“ schon als monatlich als Heft gelesen. Geht ja nun zum Glück auch weiter.

BTW: Hier noch der Link zum Interview mit Nic Klein: http://comicreview.de/crff138-interview-illustrator-nic-klein/

Emanuel Brauer
28. Juli 2015 15:40

Ja, das Interview ist sehr hörenswert. Danke für den Link! 🙂