Max und Moritz-Preis 2018: „Valerian und Veronique“ Zeichner Jean-Claude Mézières erhält Preis für ein herausragendes Lebenswerk

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Max und Moritz-Preis 2018: „Valerian und Veronique“ Zeichner Jean-Claude Mézières erhält Preis für ein herausragendes Lebenswerk

Max und Moritz-Preis 2018: „Valerian und Veronique“ Zeichner Jean-Claude Mézières erhält Preis für ein herausragendes Lebenswerk

Jean-Claude Mézières zählt zu den großen Zeichnern des französischen Comics und hat mit seinen Arbeiten mittlerweile weit über das Thema der regulären Comic-Publikationen hinaus gearbeitet. Zu seinen wohl bekanntesten Werken zählt die Sci-Fi-Serie „Valerian und Veronique“, welche im vergangenen Jahr von Filmgröße Luc Besson und dem Film „Valerian and the City of a Thousand Planets“ auf die Kinoleinwände dieser Welt gebracht wurde.
Im Zuge des Comic-Salons in Erlangen und der damit einhergehenden Verleihung des Max und Moritz-Preises soll in diesem Jahr Mézières den Preis für ein „herausragendes Lebenswerk“ erhalten. Die Comics zu „Valerian und Veronique“ erscheinen im Deutschen im Carlsen Verlag.

Einem Presse-Statement ist dazu folgender Text zu entnehmen:

Wenn man in den Kosmos von Jean-Claude Mézières eintaucht, begegnen einem Bilder, die vertraut wirken. Als hätte Mézières sich in seinen Zeichnungen an den großen Science-Fiction- und Weltraum-Abenteuern des Kinos orientiert. Die Wahrheit ist aber eine andere: Zahlreiche Ausstatter und Regisseure haben sich bei Jean-Claude Mézières bedient, bei einer Reihe von Filmen hat er auch offiziell seine Spuren hinterlassen – etwa bei Peter Fleischmanns Adaption der Strugazki-Novelle „Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein“ (1990). In Luc Bessons „Das fünfte Element“ (1997) ist Mézières Handschrift besonders gut zu erkennen.

Begonnen hat die unendliche Geschichte des Schöpfers eines vielgestaltigen Comic-Universums vor achtzig Jahren. Am 23. September 1938 wurde Jean-Claude Mézières in Paris geboren, wenige Wochen nach Pierre Christin, dem Literaturwissenschaftler, Literaten und Comic-Autor, dem der Internationale Comic-Salon Erlangen bereits im Jahr 2010 den Sonderpreis für ein herausragendes Lebenswerk verliehen hat. Nun verbeugt sich die Jury vor Jean-Claude Mézières. Und wieder kreuzen sich die Lebenswege zweier Männer, von denen die Comic-Geschichte maßgeblich beeinflusst wurde. Schon als Jugendliche waren sie sich begegnet. Dann folgte Christin dem Wort und Mézières besuchte die Pariser Ecole des Arts Appliqués. Nach dem Abschluss arbeitete er als Illustrator für den Verlag Hachette und in der Werbung. Auf einer Reise durch die Vereinigten Staaten begegnete er Christin wieder, der an der Universität von Salt Lake City lehrte. Sie beschlossen, sich gemeinsam im Medium der narrativen Grafik zu versuchen.

Ihre ersten Kurzgeschichten konnten sie durch Vermittlung von Jean Giraud – auch bekannt unter dem Pseudonym Moebius und Erlanger Lebenswerk-Preisträger 2000 – bei der berühmten französischen Comic-Zeitschrift „Pilote“ veröffentlichen. Für einige der „Pilote“-Szenaristen – darunter Reiser, Lob und der Chefredakteur René Goscinny – zeichnete Mézières Kurzgeschichten, bis 1967 die erste Folge von „Valerian und Veronique“ (im französischen Original „Valérian et Laureline“) entstand, noch gar nicht als Start zu einer Serie gedacht. Erst die Fortsetzung „Die Stadt der tosenden Wasser“ wurde zur Keimzelle der Serie um die beiden Agenten im diplomatischen Dienst des „Raum-Zeit-Service“ mit ihren humanistischen und antikolonialistischen Botschaften.

Formal hatte Mézières die Serie zunächst als Semi-Funny in der Tradition von Franquin, Uderzo oder der von ihm verehrten Zeichner der Zeitschrift MAD angelegt. Die Köpfe waren überbetont – sowohl in der Proportionierung eines gewissen Kindchen-Schemas, wie in der karikierenden Überzeichnung der Charaktere. Später sind Valerian und Veronique erwachsen geworden. Die Funny-Elemente jedoch hat Mézières in die Besetzung seines galaktischen Zoos gerettet, die er mit überbordender Phantasie betreibt. Die Vielfalt der Weltraumbewohner, die nie einem simplen Gut-Böse-Schema zugeordnet werden, sondern stets eigenwillige und stimmige Temperamente vorführen, gehört zu den besonderen Qualitäten von Mézières’ Kunst. Das Bestiarium von Hieronymus Bosch scheint dafür Pate gestanden zu haben.

Dieses Bestiarium tobt sich in Bildräumen aus, deren Wurzeln bei Gillon und Forest liegen. Mézières hat die Kantigkeit seiner Vorbilder allerdings in spielerisches Ornament verwandelt. Bei weitgehend klassischer Seitengestaltung gibt er den einzelnen Panels große Tiefe und eine Ahnung von der Grenzenlosigkeit des Weltalls mit seinen unermesslichen Möglichkeiten für astronomische, physiologische und kulturelle Experimente. Immer wieder schmuggelt er neue Gestaltungstechniken zwischen die gezeichneten Passagen, irritiert mit übermalter Rasterfolie, collagiert seine Grafik mit Makrofotografien oder Computeranimationen und fängt so geradezu magische Effekte ein. All diese Experimente sind aber kein Selbstzweck, sondern dienen der Erzählung, akzentuieren Stimmungen oder ironisieren das Geschehen.

An Vielfalt hat der Künstler immer seine Freude gehabt. Einen wirklich nüchternen, ganz realistischen Mézières kann man im ebenfalls von Christin getexteten Comic-Roman „Lady Polaris“ erleben. Da gibt es Fotoübermalungen und Fotoimitationen. Abbild und Inbild verschmelzen. Die Gebrauchsgrafik der Comic-Kunst flirtet heftig mit den Möglichkeiten der freien Disziplin.

2014 hielt es Jean-Claude Mézières nicht mehr aus. Eigentlich hatte er vier Jahre zuvor „Valerian und Veronique“ mit Band 21 unter dem Titel „Der Zeitöffner“ abgeschlossen. Aber die Zeit ist eine unendliche Angelegenheit und hält unendlich viele Abenteuer mit unendlich vielen Bildern bereit. Also zeichnete Mézières noch ein paar Bilder – einige davon im besonders prächtigen Format von Doppelseiten – für ein paar Abenteuer, die sich sein Freund, Partner und Szenarist Pierre Christin ausgedacht hatte. Und so erschien ein neuer Band um die Helden vom „Raum-Zeit-Service“. Er enthielt neun Kurzgeschichten und sein Titel war „Souvenirs der Zukunft“. 2017 schließlich hat der bekennende Mézières-Fan Luc Besson eine computeranimierte Real-Verfilmung von „Valerian und Veronique“ auf die Leinwände gebracht. Die unendlichen Weiten des Kosmos werden ihre Faszination nie verlieren. Und Jean-Claude Mézières ist ihr bester Porträtist.

(Picture Copyright: Carlsen Comics)

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