Comic Review: Frank Millers HARD BOILED (Cross Cult)

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Comic Review: Frank Millers HARD BOILED (Cross Cult)

Wenn es thematisch um Frank Miller geht, ist „Hard Boiled“ nicht gerade das erste Werk, das einem zu seiner über Jahrzehnte übergreifenden Schaffenskraft einfällt. Die dreiteilige Mini-Serie erschien ursprünglich zwischen 1990 und 1992 beim US-Verlag Dark Horse Comics, welcher ungefähr zur selben Zeit auch Millers deutlich bekannteres Eigenwerk „Sin City“ aus der Taufe hob.
Doch so gänzlich an der Leserschaft ging der überdrehte Sci-Fi-Action-Epos nicht vorbei, konnten Frank Miller und Zeichner Geof Darrow 1991 doch den begehrten Eisner Award für das „Best Writer/Artist“ Gespann einfahren.
Im vergangenen Jahr veröffentlichte Dark Horse den Comic dann in einer schicken neuen Edition, samt neuer Kolorierung von Farbenlegende Dave Stewart (u.a. „Hellboy“), der die Ursprüngliche Arbeit Claude Legris, sagen wir, etwas abänderte. Cross Cult hat diese besagte neue Edition nun nach Deutschland geholt und in einem mächtigen 22x32 cm umfassenden Hardcover veröffentlicht.

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Ein Los Angeles der Zukunft. Überproportioniert, überladen, laut, schmutzig und überdreht: das Heim von Nixon, einem gnadenlosen Steuereintreiber, der wie ein Irrer durch die dystopische Welt jagt und mit aller Härte und Gewalt seine Zielpersonen ausschaltet. Dabei geht so einiges zu Bruch und manche Kollateralschäden in Form von unschuldigen Menschenleben werden dabei billigend in Kauf genommen. Doch auch er selbst nimmt bei seinen Mission meist großen Schaden, was jedoch problemlos behoben wird. Eine neue Haut hier, neue Gliedmaßen dort, neue Augen? Kein Problem. In der wahnsinnigen Welt von morgen ist alles möglich.
Nach der sehr umfassenden medizinischen Generalerneuerung erwacht der vermeintliche Nixon als Carl Seltz in seinem Bett in einem verschlafenen Vorstadtheim. Seine umsorgende Frau versucht ihn von seinen bösen Alpträumen abzulenken und auch die Kinderchen sind schnell zur Stelle, um dem verstörten Vater ein entspannendes Beruhigungsmittel zu spritzen. War dies alles nur ein Traum? Ist Carl eigentlich Nixon? Und macht er wirklich Jagd auf Steuerflüchtige? Das „Leben“ des Protagonisten ist dem Anschein nach deutlich komplexer, als er selbst anfänglich vermutet.

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Inhaltlich bleibt der Comic auch in der Neuedition das, was er Anfang er 1990er bereits war: eine gnadenlos brutale Gesellschaftssatire über einen tragischen Charakter in einer noch tragischeren Welt. Miller verwendet dutzende popkulturelle Referenzen, die ein ausgereizteres, schrilleres aber dennoch irgendwie vertrautes Bild unserer Gesellschaft abgeben. So wortkarg Miller seine Story hier als Autor schreibt - auch wenn die Geschichte im Kern von „Blade Runner“ Schöpfer  Philip K. Dick stammt -, erzählt er deutlich mehr mit eindrucksvoller Bildsprache, für die er den meisterhaften Zeichner Geof Darrow an der Seite hatte, der das eigentliche Prunkstück des Comics liefert: die Optik.
Darrows Artwork ist so unfassbar detailliert, dass man sich an den übergroßen Splash Pages teilweise minutenlang festbeißen kann. Ein Lob an dieser Stelle an Cross Cult für das tolle überformatige Hardcover, welches für diese brillanten Zeichnungen genau das richtige Format darstellen. Die neue Koloration von Dave Stewart tut den Seiten verdammt gut und nimmt der Story etwas Kälte und den angesetzten und doch spürbaren Zahn der Zeit des Originals. So frisch wirkte der Comic vermutlich seit 1992 nicht mehr. Sehr hübsch.
„Hard Boiled“ wirkt auch im Jahr 2018 noch heftig, temporeich, tragisch, emotional und auf eine verquer-morbide Weise sogar schön. Ein Pflichttitel, der nicht nur auf den Zettel von Frank Miller Fans gehört.

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