Review: Weisse Wölfe - Eine grafische Reportage über rechten Terror

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(Copyright: Correct!v)
Hartes Cover, hartes Thema. Das zumindest suggeriert die Doppelrune, in weißer Schrift auf schwarzem Grund. Dazu noch ein Pistolenlauf, in den man förmlich gezwungen wird hineinzublicken. Vorschlaghammersymbolik, möchte man meinen. Passt auch so.
Journalist David Schraven war schon früher dafür bekannt sich den unbequemen Themen zu widmen (siehe: PFT-Skandal im Trinkwasserfluss Ruhr).
So gründete er das Recherche-Büro CORRECT!V, für das er und sein Team im letzten Jahr in der Kategorie „Newcomer“, als Journalist des Jahres ausgzeichnet wurde. Über jene Institution erschien nun auch seine grafische Reportage Weisse Wölfe.
Zusammen mit Zeichner Jan Feindt erarbeitet Schraven einen Umriss der Szeneaktivitäten Dortmunder Neonazis und skizziert den rechten Terror in der deutschen Gesellschaft. Vom NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) bishin zu Combat 18 und Blood & Honour sowie die mögliche Verstrickung des deutschen Verfassungsschutzes, durch die Finanzierung von V-Männern. Und das alles als Comic. Funktioniert das?

Durchaus! Schravan erzählt in Episodenform. Zum einen begleitet der Leser den Autor selbst auf seinen Recherchezügen, wie er Informanten trifft und heikle Akten der Polizei und des Verfassungsschutzes studiert. Er schlussfolgert und zieht Schlüsse, welche Personen in welchen Konstellationen tätig waren und sind. Er stellt seine Erkenntnisse den Aussagen von Verantwortlichen, von Politikern gegenüber. So z.B. der vehementen Leugnung des Dortmunder Oberbürgermeisters Ullrich Sierau über die Existenz einer fest verankerten Dortmunder Neonazi-Szene.

Ein anderer Handlungsstrang ist die Geschichte von Albert S., einem Punk der zum Nazi wird und sich in der Dortmunder Szene und darüber hinaus „nach oben arbeitet“. Wie aus dem stumpfen Hass auf Türken eine Neonazi-Institution wird. Schraven beschreibt dabei die Zusammenhänge der Rechtsrockszene und ihre Verknüpfungen zu den Zellen im rechten Untergrund. Das Organisieren von Treffen und Konzerten, die Kommunikation zwischen den Zellen, das Netzwerken.
Darüber hinaus verbildlicht er den Bezug zu den sogenannten Turner-Tagebüchern. Eine Blaupause für Neonazis zum netzwerkartigen Aufbau eines Rassenkrieges gegen alles Andersartige.

Feindts Bilder sind zwar nicht immer klischeefrei, aber effektiv. Der Schmutz und Dreck, die menschliche Verdorbenheit und Boshaftigkeit wird fast ausnahmslos transportiert. Schwarz-weiß, simpel und einfach gehalten... wie die Welt in der die Geschichte handelt, wie das Denken der verirrten Figuren.

Schraven und Feindt erzählen in der Summe nicht viel neues, aber sie schmeißen uns eine Welt, die wir gern ausblenden, wie einen Backstein ins Gesicht. Und dort gehört er auch hin. Aufgerüttelt, aufgeweckt. Wissend oder zumindest erahnend was dort draußen passiert, mit Menschen die sich selbst verloren haben.

Das 225 Seitenwerk kommt in gebundener Ausgabe, zum Coverpreis von 15€. Das CORRECT!V-Team bietet das Buch jedoch auch zum kostenlosen Online-Lesen an: klick. Saubere Arbeit!

Bewertung:

 

Verlag: CORRECT!V
Format: Hardcover
Vö-Datum: 27.01.2015
Seitenzahl: 225
Sprache: Deutsch
Preis: 15 €

Darf gern geteilt werden! 🙂

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1 Kommentar
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Stefan V.
24. November 2015 5:47

Kann diese grafische Reportage nur jedem empfehlen!

Gruss