Review: Blue Note - zwischen Jazz und Blut, eine Geschichte voller Magie!

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(Copyright: Splitter Verlag)
Ich war mir nicht sicher, ob ich dieses Comic jetzt schon besprechen soll. Ich befürchtete, und befürchte noch immer, das einmalige Lesen würde ihm nicht gerecht werden. Aber ich kann nicht anders. Es brennt unter den Fingernägeln... ich muss darüber schreiben. Ich muss euch davon erzählen, denn eins steht fest: ihr müsst dieses Comic lesen!
Den französischen Autor Mathieu Mariolle kennen Splitter Leser wahrscheinlich bereits von seinen Veröffentlichungen Shanghai, Smoke City oder Der Pfad des Dao. Der Zeichner Mickaël Bourgouin ist hingegen in Deutschland noch eher unbekannt. Aber das wird sich bald ändern. Das muss es einfach. Alles andere würde keinen Sinn ergeben.
Bourgouin stand Mariolle zwar bereits bei Der Pfad des Dao unterstützend zur Seite, doch mit Blue Note liefern die beiden ihre erste gemeinschaftliche Graphic Novel ab, die nun im Splitter Verlag als Double Album veröffentlicht wurde.
Die USA im Jahr 1933. Wilde Zeiten. Ca. einen Monat vor dem Greifen des  21. Zusatzartikels der US-Verfassung und der dementsprechenden Aufhebung der Prohibition, blüht der Erfolg des Club-Besitzers Vincenzo noch ein mal richtig auf. Jahre lang hat er Polizei und Politiker bestochen, mit der Mafia Geschäfte gemacht und das Dante’s Lodge an die Spitze der Club-Szene geführt. Das bescherte ihm Macht und Geld.
Die Geschichte beginnt mit Jack Doyle, einem ehemligen irischen Profiboxer, der zurück in die Stadt kommt, um widerwillig sein Comeback anzutreten. Jahre zuvor ist er bereits nach einem vermeintlich getürkten Kampf aus der Stadt geflohen und versuchte sich ein neues Leben aufzubauen. Doch die Vergangenheit nagt an ihm. Das soll nun ein Ende haben, alles soll bereinigt werden, denn sein Ex-Promoter Theo hat ihn aufgespürt und hat große Pläne mit dem einstiegen Wonderboy.
Zur gleichen Zeit betritt Ray Jameson die Bühne. Ein talentierter Gitarrist, aus dem Nirgendwo, so jung wie naiv, voller Ambitionen und Träume. RJ will nur Gitarre spielen, auf der Bühne stehen, von den Leuten gehört und gesehen werden. Ein Leben für die Kunst und die Leidenschaft. Man sagt ihm, in der Stadt gebe es dafür keinen besseren Ort als das Dante’s Lodge. Jedoch muss man mehr als ein Straßenmusiker sein, um auf die Bühne dieses legendären Clubs zu kommen. Der Traum ist zum Greifen nah. Zum Glück versteht Vincenzo etwas von Musik und erkennt das Talent des Jungen. Doch noch mehr versteht Vincenzo von Geschäften, wie RJ schmerzhaft erfahren wird.
(Copyright: Splitter Verlag)
Das Double Album enthält zwei parallellaufende Erzählungen, aufgeilt in zwei anfangs in sich abgeschlossenen Kapiteln, die am Ende eine zusammenhängende Geschichte ergeben.
Zwei Hauptcharaktere, die miteinander nichts zu tun haben und deren Interaktionen sich auf kurze Begegnungen reduzieren, erfahren die gleiche Geschichte, aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Sie treffen sich in verschiedenen Situation, ohne jedoch wirklich Notiz voneinander zu nehmen. Dadurch ergibt sich nach dem Lesen ein fester Rahmen für zwei Geschichten, einer komplexen Handlung.
Beide erleben den Ruhm und den Sturz ins Nichts, erfahren die Gefährlichkeit des Milieus sowie die Angst beim Spiel mit dem Feuer, in einer Umgebung, mit der sie eigentlich nichts zu tun haben wollen. Eine Geschichte wie eine Parabel, ein  tolles Konzept.
Mariolle erzählt gekonnt im Noir-Stil, voller  dezentem Zynismus, stellenweise lakonischer Härte und doch so viel Wärme in der Sprache und Charakterführung. Die blühenden 30er Jahre, wie man sie besser kaum erzählen kann.
Die clevere Story ist jedoch lediglich der Zuckerguss des Bandes, denn im Mittelpunkt steht eindeutig das atemberaubende Artwork von Mickaël Bourgouin. Was ein Talent! Panels die vor Detailreichtum zu explodieren scheinen und jede Sekunde dieser fast cineastischen Erzählung mit so viel Liebe zum Detail, einer perfekten Farbwahl und unglaublichen Splashpages füllen. Dieses Comic lebt und reißt von der ersten Seite an mit. Ob knochenharter Boxkampf, städtische Skyline oder Männer, die einsam auf Bühnen sitzen und abgesehen von ihren Instrumenten nichts mehr wahrzunehmen scheinen, was Bourgouin hier liefert, ist der Inbegriff visueller Poesie und Anmut in Bildsprache. Wer sehen möchte, wie dieses Genie arbeitet, klickt hier.
Mit Blue Note haben sich die Herren Bourgouin und Mariolle ein frühes Denkmal gesetzt, was auf noch weitere solcher Werke hoffen lässt. Die durch und durch atmosphärische Erzählung um den griesgrämigen Boxer Jack und den verspielten Musiker RJ, gehören definitiv auf den Zettel, beim nächsten Comicshop-Besuch. Denn eins der besten Comics des bisherigen Jahres, lässt man nicht in fremden Regalen stehen. Für eine musikalische Begleitung beim Lesen empfehle ich John Coltrane’s Lush life sowie Violets For Your Furs.

Eine Leseprobe gibt es hier.

Bewertung:

Verlag: Splitter Verlag
Format: Hardcover
Vö-Datum: 01.05.2015
Seitenzahl: 144
Sprache: Deutsch
Preis: 24,80 €

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zwieklugscheisser
1. September 2015 12:50