Comic Review: Crossed - Monster Edition 01 (Panini Comics) - Geschichten von Tod, Verzweiflung und menschlichen Sekreten

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Comic Review: Crossed - Monster Edition 01 (Panini Comics) - Geschichten von Tod, Verzweiflung und menschlichen Sekreten

Comic Review: Crossed - Monster Edition 01 (Panini Comics)

Jahre habe ich mich gesträubt, diese Serie zu lesen, doch nach bald 18 Paperbacks und einer jetzt anstehenden Neuveröffentlichung als opulente „Monster Edition“ - ein über 400 Seiten starkes, überformatiges Hardcover - wollte ich mich nun doch einmal selbst von diesem umstrittenen Werk überzeugen. Schließlich bin ich ein großer Fan von Garth Ennis, der u.a. die erste Volume des Titels und somit den ersten Teil dieses Bandes verfasst hat. Ob nun „Preacher“, „Punisher“, „Hellblazer“ oder auch neuere Werke wie „Rover Red Charlie“... der dreiste Ire hat Comicgeschichte geschrieben und tut es noch immer, kein Zweifel.
Doch was er mit der Avatar Press Reihe „Crossed“ eröffnet hat, ließ mich damals anhand der Previews schon ungläubig abwinken und der schnell entflammte Protest gegen den Comic ließ mich mein Geld vorerst in andere Titel investieren. Mit den nun in diesem Band wieder veröffentlichten ersten beiden Volumes „Crossed“ und „Crossed: Family Values“ war die Serie jedoch auch für mich reif.

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Insgesamt 17 US-Ausgaben, aufgeteilt auf zwei umfangreiche Geschichten liefert der erste Band der neuen „Monster Edition“ Reihe zu „Crossed“, welche ungefähr auch dem Format zur Wiederveröffentlichung von Ennis’ anderem Comic-Klassiker „The Boys“ gleichen dürfte. Stammt die erste Story noch von Altmeister Ennis und Avatar-Stammzeichner Jacen Burrows (aktuell u.a. auch „Providence“), geht es in „Crossed: Family Values“ mit Autor David Lapham und Zeichner Javier Barreno weiter.
Das Setting von „Crossed“ beginnt in einem Diner, irgendwo in Amerika. Die Apokalypse bricht los, denn ein seltsamer Infekt unbekannten Ursprungs infiziert wahllos Menschen und lässt sie zu durchgedrehten Psychopathen mutieren, die alles töten, was ihnen in die Quere kommt. Dabei bilden sich kreuzartige Male, Verbrennungen gleichend, auf ihren Gesichtern und durch jeglichen Kontakt mit etwaigen Körperflüssigkeiten der Infizierten verbreitet sich die Pandemie weiter. Dabei behalten sie weitestgehend eine menschliche Verhaltensweise und auch Kenntnisse bei, nutzen sie jedoch, um auf der Erde ein Höllenfeuer von Grausamkeiten zu entfachen.

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Der Hauptplot siedelt sich ca. 10 Monate nach dem Ausbruch an, wobei sich eine kleine Gruppe Überlebender, von denen wir einige bereits aus der Anfangsszene im Diner kennen, auf den Weg nach Alaska macht, in der Hoffnung dort weniger Infizierte anzutreffen und somit die Chance auf Überleben zu steigern. Dass die Reise dahin einem Höllentrip gleichen würde, verdeutlicht sich dann innerhalb weniger Seiten.
Die anschließende Story „Family Values“ oder zu Deutsch „Familienbande“ beginnt mit einer Großfamilie, die in North Carolina eine riesige Pferderanch betreibt. Das Leben der Familienangehörigen sowie auch der unzähligen Arbeiter, die für die diese tätig sind, scheint zunächst äußerst idyllisch. Würde sich das stolze Familienoberhaupt nicht immer wieder an seinen Töchtern vergreifen, was eines der Mädchen, Adaline, irgendwann so gegen den Strich geht, dass sie beschließt, ihren Paps zu töten... doch da stürmt bereits eine Herde Infizierter auf die Ranch zu und die Welt schaut in einem Sekundenbruchteil ganz anders aus.

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Bei aller Gewalt und Obszönität schafft es Garth Ennis mit der ersten Story tatsächlich noch einen recht fiesen und bitteren Genre-Reißer hinzulegen. Das Maß an Gewalt und Seelenterror ist so massiv hoch, dass man sich beim Lesen regelrecht wünscht, keine Szene mehr mit diesen degenerierten Irren erleben zu müssen und man mit den durchaus interessant gestalteten Charakteren regelrecht mitfiebert. Ein Survival-Horror-Erlebnis, das mit dem Vorschlaghammer serviert wird und sich alles andere als geeignet für zartbesaitete Gemüter präsentiert. Die Atmosphäre zeigt sich dementsprechend dicht und wird von den wie immer sehr detailverliebten Zeichnungen Jacen Burrows noch intensiviert. Dies wohl mit deutlich höherem Gewaltpotential versehene Werk der ohnehin schon nicht wirklich jugendfreien Ennis-Bibliografie schlug beim Erscheinen so dermaßen ein, dass ein ganzes Comic-Franchise daraus entstand, weshalb Autoren wie u.a. David Lapham das Konzept aufgriffen und die Welt von „Crossed“ erweiterten.

So entstand u.a. das darauffolgende „Crossed Vol. 2: Family Values“, welches den zweiten Teil dieses Bandes ausmacht. Das Problem an der Sache ist jedoch, dass David Lapham das Konzept des Serienschöpfers bei Weitem nicht so konsequent beherrscht, wie eben Garth Ennis selbst. Mit der Story um eine religiöse Familie, samt Vergewaltigungs- und Kindesmissbrauchsthematik, erzeugt er zu Beginn zwar einen für einen postapokalyptischen Comic recht extravagant erdachtes Story-Fundament, doch verliert sich der Autor sehr schnell in unzähligen, schwachsinnigen Gewaltexzessen, die zunehmend sexualisiert werden und auf massiven Vergewaltigungsszenerieren fußen. Hier wird keine Geschichte mehr erzählt, sondern lediglich das Gerüst für immer mehr Way-Over-The-Top-Momente geschaffen, die jenseits konsequenter Notwendigkeit des Storytellings existieren und nur dem Schock und der Provokation dienen, und nicht der Geschichte, frei nach dem Motto: „Je krasser, desto besser“. Das wirkt obszön und ekelerregend, aber auch äußerst schnell langweilig.

In der Summe macht man mit diesem üppigen Band dennoch nicht viel falsch, sofern man starke Nerven besitzt und die voyeuristische Neugierde nach dem Extremen den Kaufreiz füttert. Gewiss, „Crossed“ ist mit Abstand das gewalttätigste Comic, das ich je gelesen habe und in diesem Band auch nur zum Teil gut, und zwar zu dem Teil, den Garth Ennis selbst verfasst hat. Doch mit schlappen 29,99 € Coverpreis und für über 400 Seiten, in einem toll verarbeiteten, überformatigen Hardcover ist das nicht zu viel verlangt. Kann man machen, wenn man sich traut.

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Doc0ck
Doc0ck
7. September 2017 15:23

Für mich eine der besten Serien bei Panini Comics ? So herrlich geschmacklos ?

Ninchen
Ninchen
7. September 2017 14:48

Die Leseproben sind ja mal echt disgusting ?

Micha
Micha
7. September 2017 13:15

Ich fand die zweite Geschichte viel besser als die erste . Muss wohl an mir selbst zweifeln 😀 😀 🙁

ComicBookGuy
ComicBookGuy
7. September 2017 7:32

Die erste Geschichte konnte man wirklich lesen und war halt Ennis auf Provokationskurs, aber trotzdem lesbar, wie du schon geschrieben hast. Danach wurde es mir einfach zu extrem und ohne Gehalt. 🙁

Black Rider
Black Rider
7. September 2017 9:31
Antwort auf Kommentar von  ComicBookGuy

100 von Moore fand ich später wieder richtig gut. Sollte man mal probieren! Aber Lapham ist ohnehin nicht mehr wirklich tragbar. 😀