Comic Review: Jessica Jones - Das letzte Kapitel (Panini Comics)

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Comic Review: Jessica Jones - Das letzte Kapitel (Panini Comics)

Kurz vor dessen Abgang bombt uns Panini Comics noch mit einer ganzen Reihe Brian Michael Bendis Comics zu. Ihr erinnert euch, in den USA schon längst passiert, trifft es uns in den kommenden Monaten, dass der einstige Marvel Star-Autor zum Konkurrenten DC Comics wechselt. Dem entsprechend viel Aufmerksamkeit bekommen seine letzten Arbeiten für das „Haus der Ideen“. Oder betrachten wir es einfach von der anderen Seite, denn mir fällt vor allem in den jüngsten Wochen auf, wie viele Titel der Mann tatsächlich zuletzt für Marvel geschrieben hat, denn mein Lesestapel ist voll von Bendis Comics. Also wundert euch nicht, dass in den kommenden Wochen einige davon in den unheiligen Hallen meines Blogs besprochen werden.
In den vergangenen Tagen habe ich mir einen Comic mit purer Absicht aus dem Stapel gezogen, nicht weil er der schwerste und üppigste war, und verdammt... das war er, sondern weil ich einfach ein riesen Fan von Bendis’ Arbeiten an seiner eigenen Schöpfung „Jessica Jones“ bin.

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Dank dem Start der Netflix TV-Serie vor wenigen Jahren schwappten die unlängst legendären Comics zur Detektivin mit dem frechen Mundwerk auch endlich in Form von zwei fetten Megabänden über Panini Comics nach Deutschland, samt der vollständigen „Alias“ Reihe, mit allen 28 US-Ausgaben, welche zwischen 2001 und 2004 unter dem Marvel MAX Banner in den Staaten erschienen. Band 1 ist mittlerweile restlos vergriffen und Leser die damals nicht zugeschlagen haben, können nur bedauert werden. Ernsthaft, ihr genießt mein volles Mitleid, denn was euch da entgeht... puuuuh. Die 14 Ausgaben der Nachfolgeserie „The Pulse“ bleibt uns Panini Comics jedoch bis heute leider noch schuldig.
Im Jahr 2016 gesellte sich der viel diskutierte Autor Bendis jedoch wieder zu seiner Jessica und starte abermals zusammen mit Zeichner Michael Gaydos eine neue Serie „Jessica Jones“. Diese bis zum Mai 2018 laufende Reihe, samt aller 18 US-Ausgaben, bringt Panini Comics in diesem Monat in einem über 400 Seiten starken Megaband.

Wer Jessica Jones bereits aus ihren ersten Geschichten kennt, weiß, dass sie nicht gerade begabt darin ist, ihr Leben auf normalem Wege zu händeln. Die Beziehung zu ihrem Ehemann Luke Cage liegt am Boden, in der Heldengemeinschaft ist sie von ihrem Stand her ohnehin weit ab vom Schuss gegenüber ihren Kollegen und nahezu all ihre noch vorhandenen Freunde reden ihr durchweg ins Gewissen, doch bitte endlich ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Dass sie zum Beginn der Geschichte auch noch einen Geheimauftrag von ihrer besten Freundin Carol Danvers aka. Captain Marvel annimmt, welcher sie erforderlicherweise ins Gefängnis führt, kommt bei der Öffentlichkeit und den ihr nahestehenden Personen erst recht nicht gut an. Denn schließlich soll sie sich um ihre kleine Tochter kümmern und nicht weiter die abgewrackte Superheldin spielen.
Doch ihr Leben ist längst nicht kompliziert genug, denn bald darauf steht die gesuchte Ex-S.H.I.E.L.D. Chefin Maria Hill vor ihrer Tür und will sie anheuern und auch ihre Vergangenheit holt sie ein und ihre einstige Nemesis - der Purple Man - aka. Killgrave - bittet ein letztes Mal zum Tanz.

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Puh... ich weiß nicht, wann ich zuletzt über 400 Seiten in so kurzer Zeit „weggelesen“ habe. Ich konnte den Band tatsächlich kaum aus der Hand legen. Doch gehen wir ins Detail. Von außen betrachtet, bieten die 18 Ausgaben 3 mehr oder weniger zusammen hängende Handlungsbögen, welche Brian Michael Bendis dazu nutzt, um aktuelle Geschehnisse der Marvel Kontinuität von außen zu betrachten. Denn, auch wenn sich der Band für Einsteiger wunderbar eignet, kommt es mehr als dienlich, die letzten 5 bis 6 Jahre der Marvel Historie zu kennen. So bezieht sich Bendis bspw. auf den Avengers / New Avengers Run von Jonathan Hickman sowie das daraufhin folgende „Secret Wars“ sowie das dementsprechende Sterben der alternativen Realitäten. Ein Mann tötet seine Ehefrau und behauptet aus einer alternativen Realität zu stammen. Aus einem der Universen, die Tony Stark und Co. zum Schutz der Erde 616 Realität opfern mussten. Somit schafft es Bendis einen nüchternen, ja fast urbanen Blick auf die kosmischen Konsequenzen der Vorgänge im Marvel Universum zu werfen und aufzuzeigen, wie das Leben der einzelnen Menschen wirklich davon betroffen ist. Ein taffer Dialog war das.
Bendis thematisiert natürlich nicht nur die Arbeiten seiner Kollegen, sondern vornehmlich seine eignen. Jessicas Tätigkeit bei den Defenders, Bendis’ Arbeit an den Iron Man Serien, Miles Morales, der zweite Krieg der Superhelden und natürlich der Sturz von Maria Hill... der Autor nutzt die Reihe konsequent, um sein eigenes Schaffen aus der Distanz zu betrachten. Und selbst seinen anstehenden Wechsel zu DC Comics nimmt Bendis aufs Korn, siehe Pfeil im Bild:

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Von der Intensität her kommt die neue „Jessica Jones“ Reihe zwar nicht ganz an ihren Vorgänger heran, doch wird in einem etwas modernisierten Ton die Grundessenz der alten Reihe sehr gut getroffen. Bendis erzählt gewohnt dialogstark, zieht jedoch bisweilen einige Handlungsbögen unnötig in die Länge. Doch das stört nur geringfügig, denn Dank der atmosphärischen Zeichnungen von Michael Gaydos lesen sich die Ausgaben am Stück einfach wunderbar von der Hand. Jessica ist ein komplexer Charakter und so deutlich wenig heroisch, dass die schon eine gewisse Ausnahmestellung in ihrem Kollegenkreis einnimmt. Bendis zeigt somit auch in seiner letzten Arbeit an „Jessica Jones“, dass er die Dark & Gritty Erzählweise der alten Marvel MAX Serien der Quesada-Ära noch immer drauf hat und außerdem, - lyncht mich dafür, wenn ihr wollt - dass er noch immer zurecht einer der Top-Autoren der Comicszene ist. Pflichtkauf!

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