Comic Review: The Boys - Gnadenlos-Edition 01 (Panini Comics)

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Comic Review: The Boys - Gnadenlos-Edition 01 (Panini Comics)

Comic Review: The Boys - Gnadenlos-Edition 01 (Panini Comics)

Panini Comics meldet sich mit einer neuen, überformatigen Ausgabe zum Comic-Schwergewicht Garth Ennis zurück. Grund genug für mich mal einen Nachmittag gänzlich im Wahnsinn des wahrscheinlich nicht immer ganz nüchternen Iren Ennis abzutauchen und den nicht zu Unrecht mittlerweile zum Klassiker des US-Indie-Comics avancierten „The Boys“ einen neuen Lesedurchlauf zu gönnen. Oder besser gesagt, mir zu gönnen.
Ähnlich wie bereits zur kürzlich erschienenen, ersten „Crossed: Monster Edition“, stellt der erste Band der „The Boys: Gnadenlos-Edition“ die ersten beiden vollständigen Paperbacks und somit die ersten 14 US-Ausgaben zusammen, wodurch dieser üppige Hardcover-Band auf ganze 340 Seiten kommt. Beim Coverpreis von 29,99 € zeichnet sich auch hier bereits allein aufgrund des Umfangs ein wohlschmeckendes Preis-Leistungs-Verhältnis ab. Doch, genug des Geplänkels... kommen wir zum Eingemachten.

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Eine moderne Gesellschaft, in der es Superhelden gibt, könnte man doch eigentlich vom Glück gesegnet nennen. Tausende Helden laufen, schwingen und fliegen durch die Metropolen der Länder dieser Erde und retten Leben. Mehr oder weniger. Doch wie wahrscheinlich ist es eigentlich, dass so viele Helden sich mit ihren Kräften immer für das Gute einsetzen? Und wie verhält es sich eigentlich mit den Kollateralschäden der großen Schlachten in denen sich Helden und Schurken gegenseitig auseinandernehmen?
Die Welt wird überflutet von sogenannten Helden, die längst nicht mehr das Cape im Dienste ihrer einstigen Ideale anlegen und die Behörden scheinen weitestgehend machtlos dagegen. Doch Butcher und seine Jungs (und Mädel) stellen „Die Boys“ zusammen, um im Auftrag der CIA im Geheimen den Helden das Handwerk zu legen und die Gesellschaft vor den Männern und Frauen zu schützen, die glauben, mit allem durchkommen zu können, einfach nur, weil sie sich Helden nennen.

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Garth Ennis’ Beziehung zur Superheldenmythologie ist... sagen wir, etwas verschroben. Auch wenn er bereits für Verlage wie Marvel gearbeitet hat - man bedenke seinen unfassbar legendären Run am Punisher - hat er nie wirklich viel für Helden übrig gehabt und manifestiert dies mit „The Boys“ auf seine eigene, eindringliche Weise, indem er einen Superhelden-Comic verfasst, der wahrscheinlich näher an der Realität angesiedelt ist, als das überdrehte Feuerwerk anfänglich vermuten lässt. Die Helden in Ennis’ Story werden ihrem Ideal nicht mal im Ansatz gerecht, sondern sind zum großen Teil von ihrer eigenen Macht korrumpiert und/oder nutzen diese für bizarre, ja teils sogar perverse eigene Interessen aus.
In „The Boys“ wird der Superheld, mit dutzenden Anlehnungen an bekannte Figuren beider großen Verlage, demaskiert und bis auf die Knochen persifliert, wobei nicht einmal vor Ikonen wie Stan Lee haltgemacht wird. Brachialsatire, serviert mit dem Vorschlaghammer, die immer wieder an den Grenzen des sogenannten „guten Geschmacks“ kratzt und dabei aber auch bis heute vieldiskutierte Facetten der Superhelden-Historie wie bspw. eine potentielle Homosexualität von jugendlichen Sidekicks karikiert - man erinnere sich dabei an Fredric Werthams politische Agenda bezüglich Batman & Robin in den 1950ern. So bringen Sex, Gewalt und Sprache selbst gestandene, erwachsene Leser dazu, entrüstet die Augenbrauen nach oben zu ziehen und sich immer wieder selbst zu fragen: darf ich darüber jetzt lachen? Garth Ennis provoziert wie es eben nur ein Garth Ennis kann und mit seinen „Jungs“ tobt er sich hier richtig aus.

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Für den visuellen Aspekt hat sich Ennis den Comic-Veteran Darick Robertson als Hauptzeichner zur Seite geholt, der bereits zusammen mit Warren Ellis den All-Time-Comic-Klassiker „Transmetropolitan“ für Vertigo aus dem Kindbett hob. Vergleichbar markant agiert Robertson hier jedoch nicht, wobei „The Boys“ auch nicht eine solche Spielwiese bieten dürfte, wie es eben „Transmetropolitan“ konnte. Vielmehr geht es hier um das urbane Hier und Jetzt und einige eher lächerlich wirkende Superhelden-Designs, die in ihrer grotesken Lächerlichkeit jedoch so bezweckt gewesen sein dürften. Ach ja, und eine Menge visueller Gewalt.

Zarte Gemüter sollten an diesem Comic-Monster mit gesenktem Haupt vorbeischlendern, denn „The Boys“ richtet sich an Leser mit ultra schwarzem Humor und einem recht dehnbaren Geschmack. Im Idealfall bringt man beides mit. Für Ennis-Fans bietet diese opulente Neuauflage aus dem Hause Panini Comics die ideale Gelegenheit in die böse Welt der fragwürdigen Helden einzusteigen, sollte man die Chance bisher verpasst haben. Von mir gibt’s dafür eine lupenreine Empfehlung. Aber ich bin auch nicht immer ganz dicht.

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Yuma VoDagegen
Yuma VoDagegen
21. Dezember 2018 15:26

Sehr schöner Beitrag Garth Ennis hat mich mit Preacher gefangen und mit DIE CHRONIKEN VON WORMWOOD mehr als überzeugt sich The Boys anzutun der man ist entweder ein Genie oder jemand mit dem ich Ungern im Selben Raum verbringen möchte .